Markenbildung durch Gründer

    Markteintritt

    Besser als der deutsche Begriff 'Gründer' kennzeichnet der im angelsächsischen Sprachraum benutzte und aus dem französischen stammende Begriff 'Entrepreneur' die Situation des Existenzgründers. Entrepreneur bezeichnet den Versuch des Markteintritts und somit die Hauptaufgabe des Gründers.

    Viele Gründungshilfen, wie sie durch Berater oder öffentliche Förderinstitutionen gegeben werden, geben unterschiedlichste Hilfe bei der Organisation des Aufbaus eines neuen Betriebes. Im Regelfall wird dem Gründer wenig oder gar keine Unterstützung bei der Gewinnung von Kunden gegeben. Was aber nützt eine ausgefeilte Umsatz- und Ergebnis- sowie Liquiditätsplanung, wenn es dem Gründer nicht gelingt, die für ihn lebensnotwendigen Kunden in relativ kurzer Zeit zu gewinnen?

    In Tabelle 1 sind einige Stärken und Schwächen aufgeführt, wie sie ein potentieller Kunde für einen durchschnittlichen Gründer einschätzen mag. Es ist deutlich erkennbar, daß der Gründer starkes Interesse daran haben muß, den potentiellen Kunden davon zu überzeugen, daß die genannten Schwächen für ihn nicht zutreffen. Er benötigt dringend Referenzen, um die Qualität seiner Arbeit nachzuweisen und die Bedenken des potentiellen Kunden hiermit zu zerstreuen.

    Wie soll der Gründer ohne Referenzen an Erstkunden kommen? Wie kann er nach Gewinn der ersten Kunden möglichst schnell, möglichst viele weitere potentielle Kunden von seiner Leistungskraft überzeugen?
     

    Franchising als Markenteilnahme

    Der Inhaber und Betreiber eines Restaurants, welches nach den Vorgaben der Franchisekette "Mc Donald" geführt wird, hat bereits am Eröffnungstage eine Mehrheit von ‚Altkunden‘, die genau wissen, welche Erwartungen sie an das neu eröffnete "Mc Donald" – Restaurant stellen dürfen. Der Inhaber hat jegliche Gestaltungsmöglichkeit bei seiner Speise- und Getränkekarte und auch bei der Innenausstattung des Restaurants an den Franchisegeber übertragen. Dafür braucht er keine Durststrecke zu überwinden, um sich einen eigenen Kundenstamm aufzubauen. Er kann von Anfang an mit einer Auslastung seiner Kapazitäten rechnen und hat somit sein Gründungsrisiko minimiert.
    Stärken Schwächen
    Motiviert Anfänger
    Flexibel Kein Qualitätsbewußtsein
    Preisgünstiges aktuelles Know- How (von Hochschule, bei EDV) Keine bewährten Mitarbeiter (hohe Negativquote zu erwarten)
      Geringe Personaldecke 
    (hohe Abwicklungsrisiken)
      Geringe Finanzdecke

    Tabelle 1: Einschätzung von Gründern durch ihre potentiellen Kunden

    Die Ursache für diese spontane Erschließung eines Marktanteiles liegt in der Bekanntheit der Marke "Mc Donald". In dieser Restaurantkette wird die Qualität und Ausführung strengstens vom Franchisegeber kontrolliert. Hierdurch wird sichergestellt, daß Kunden in einem "Mc Donald" – Restaurant keine unliebsame Überraschung erleben. Ausrutscher in der Qualität würden sehr schnell die gesamte Marke schädigen. Der Erfolg beruht gerade darauf, daß die Kunden mit blindem Vertrauen ein "Mac Donald" – Restaurant betreten können und dort die erwartete Leistung erhalten.

    Wir kennen alle den Umgang mit Marken aus unserem persönlichen Konsumverhalten. So gibt es Konsumenten, die beim Kauf der Videokamera z. B. zu Sony greifen und sich hierbei einfach auf ihre Einschätzung eines sehr guten Preis – Leistungsverhältnisses dieser Marke verlassen. Das erspart Ihnen das langwierige Studium von Testberichten (insbesondere, da deren Ergebnisse auch nicht immer zuverlässig sind). Andere kaufen nach Jahren oder Jahrzehnten bei der Wiederanschaffung ein Auto oder auch eine Waschmaschine des alten Herstellers.
     

    Gründer in Qualitätsmarke

Durch die Teilnahme an einer bekannten Marke kann der Gründer sein Problem lösen und frühzeitig Neukunden gewinnen. Er wird diese Kunden nicht aufgrund des Namens seines Unternehmens gewinnen, da er selbst ja noch unbekannt ist. Wenn die Kunden eine Kaufentscheidung für ihn fällen, dann deshalb, weil sie gute Erfahrungen mit der Marke haben oder sich aufgrund des guten Rufes der Marke für sie entscheiden.

Da es neben den bekannten Franchisingangeboten kein Markenunternehmen gibt, in das sich die Gründer verschiedenster Branchen einkaufen könnten (wozu auch meist das Geld fehlt), wird hier über die Entwicklung einer derartigen Marke nachgedacht. Nachfolgend einige der Forderungen, die zu erfüllen sind:

Zunächst soll diskutiert werden, wie die Kooperation von Gründerunternehmen zu strukturieren ist. Die Anleitung hierzu läßt sich in dem Trend zur Aufteilung in kleinere Geschäftseinheiten finden, der sich seit Jahren in der Industrie vorsetzt.

    Moderne Unternehmensorganisationen

Viele Großunternehmen haben sich in den vergangenen Jahren in kleinere Unternehmenseinheiten aufgeteilt. Allerdings blieben der eingeführte Markenname und die Finanzkraft des großen Unternehmens erhalten.

Ein wesentlicher Aspekt dieser Änderungen ist in den Abbildungen 1 und 2 dargestellt . In der ersten Abbildung ist schematisch die bisher übliche Hierarchiepyramide von Unternehmen dargestellt. Wesentlich hierbei ist, dass die Mitarbeiter auf Ihre Vorgesetzten ausgerichtet sind. Von denen erhalten Sie Ihre Bewertungen, Basis für Entlohnung und einen möglichen Aufstieg im Unternehmen. Die 2. Abbildung zeigt die umgekehrte Hierarchiepyramide, bei denen die Mitarbeiter in erster Linie auf ihre Kunden ausgerichtet sind. Ihre Tätigkeiten konzentrieren sich auf die Kunden und von denen erhalten sie ihre Bewertungen und ihren Lohn für geleistete Arbeit.

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Bildern ist, dass im zweiten Bild die Mitarbeiter von der nächsten Leitungsebene wie Kunden behandelt werden. Entsprechend den Grundsätzen eines modernen Marketings müssen sich die Vorgesetzten für die Kunden Ihrer Kunden interessieren. Der Erfolg Ihrer Mitarbeiter bei den Kunden ist auch Ihr Erfolg. Das zweite Bild ist hier nur zur Vereinfachung als Pyramide beschrieben. Es ist besser als ein Netzwerk darzustellen. Im Netzwerk herrschen Regeln von Angebot und Nachfrage; d. h. die Zusammenarbeit ist freiwillig und oftmals nur für die Projektlaufzeit angelegt. In der ersten Leitungsebene sind Spezialisten, die für eine Gruppe der Mitarbeiter Aufträge zu Marketing, Finanzbuchhaltung, EDV usw. bearbeiten, bzw. die Mitarbeiter hierzu anleiten. Derartige Aufträge können durchaus zu einer mittel- und langfristigen Zusammenarbeit führen. Eine derartige Struktur kann auch als prozessorientierte Unternehmensstruktur bezeichnet werden. Bei dieser werden von Einzelnen oder Gruppen spezielle, auf Ihren Qualifikationen beruhende Dienstleistungen oder Produktlieferungen für die Kunden erbracht.

Zum vertieften Verständnis dieses Bildes ist hier noch eine zwangsläufig aufkommende Frage zu beantworten: Wenn in der ersten Leitungsebene Spezialisten sitzen, wo bleiben dann die Führungskräfte? Deren Rolle liegt, wie der Name schon sagt, nicht in der Anwendung spezieller Fachkenntnisse, sondern sie sind die dem Management 'Berichtenden', d.h. die für den Prozeß Verantwortlichen der Organisationseinheit. In Abbildung 2 würden sie sich als 'Primus inter pares' in

der Ebene der Mitarbeiter wiederfinden.
 

Abbildung 1: Hierarchiepyramide im klassischen Unternehmen
 
 


Abbildung 2: Umgekehrte Hierarchiepyramide im modernen kundenorientierten Unternehmen
 

Abbildung 3: Die drei Dimensionen einer Unternehmensorganisation

Die beiden Darstellungsformen lassen sich zusammenführen, wenn die Pyramide nicht als ebenes, sondern als räumliches Gebilde betrachtet wird. In Abbildung 3 sind die 3 Parameter einer derartigen Unternehmensstruktur aufgeführt.
In Abbildung 1 wird in der Hierarchie im wesentlichen der Anstieg der Führungsverantwortung gezeigt. Den wirklichen Anforderungen eines Unternehmens dürfte am ehesten eine Matrix-Struktur entsprechen, in der jeder Mitarbeiter eine Anleitung von einer Führungskraft und von speziellen Fachleuten erhält. Für die speziellen fachlichen Kontakte eignen sich zeitlich befristete Projektteams.
Es bleibt festzuhalten, dass die beiden Hierarchiepyramiden somit zwei unterschiedliche Sichten einer ähnlichen Unternehmensstruktur darstellen können. In Abbildung 2 sind die Mitarbeiter allerdings vorrangig auf ihre Kunden ausgerichtet und dort holen sie sich ihren Erfolg oder Mißerfolg ab. Die Mitarbeiter können in einer derartigen Struk-tur nur mit einem hohen Grad an Selbst-verantwortung und Selbst-or-ga-ni-sa-tion bestehen.
In einer derartigen modernen Struktur ist es dann folgerichtig und üblich, wenn die Prozeßebene in autonome GmbHs aufgeteilt wird. Diese einzelnen Unternehmen bedienen dann selbst ihre Kunden mit der Flexibilität und Kundenorientierung, wie sie bei KMU üblich ist. Die Vorteile des großen Markennamens und die Finanzkraft des Großunternehmens bleiben hingegen gewahrt.
Als Beispiel dieser Entwicklung sei ABB, das aus der schwedischen Asea und der schwei-zerischen Brown Boveri durch Fusion entstandene Großunternehmen, genannt. Es hatte sich vor etwa 10 Jahren in kleine Unternehmen aufgeteilt. Heute gibt es etwa 1300 ABB-Unternehmen weltweit. Bei ABB gibt es ein weiteres interessantes Phänomen. Sie hat in verschiedenen Ländern auch Fabriken, die am Weltmarkt in Konkurrenz zueinander auftreten. So kann es passieren, daß bei z. Bsp. einem indischen Kraftwerksbetreiber 3 ABB Vertreter hintereinander auftreten und sich um den gleichen Auftrag bemühen. Auf diese Weise hat ABB einen natürlichen Selektionsmechanismus 'eingebaut', Es werden sich die Fabriken aus dem internationalen ABB-Firmenverbund durchsetzen, die in der Summe der Standortvorteile am stärksten sind. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, daß diese sich dann auch gegen die externe Konkurrenz durchsetzen können.
Abschließend bleibt noch zu erwähnen, daß seit einigen Jahren für moderne Unternehmensstrukturen auch der Begriff des 'fraktalen  Unternehmens'   eingeführt wurde. Hiermit ist die Aufteilung größerer Unternehmen in kleinere selbstregulierende Unternehmen gemeint. Charakteristisch ist die selbstähnliche Struktur zwischen der großen übergeordneten Organisation und der untergeordneten kleineren Organisation. Beide haben Funktionen wie Marketing, Vertrieb, Personalwesen, F&E usw.

    KMU - Netzwerk und Markenbildung

Wenn Großunternehmen durch Umorganisation auch von den Vorteilen der KMU partizipieren wollen, warum sollen dann KMU nicht auch die Vorteile der Großunternehmen anstreben?
Die großen Unternehmen haben im wesentlichen folgende Vorteile gegenüber KMU:
Markenbekanntheit und Marktmacht: Nach Jahren oder Jahrzehnten am Markt und/oder nach intensiven Werbekampagnen hat die Marke bei der Käufer - Zielgruppe einen hohen Bekanntheitsgrad. Die Käufer werden hier viel eher eine Kaufentscheidung fällen als bei einem unbekannten Anbieter. Dies kann bis zur Bildung von faktischen Monopolen führen.
Finanzkraft und zentrale Strategie: Die Unternehmenszentrale gibt die Strategie für die Entwicklungsrichtung der Unternehmensgruppe vor. Hiermit können die als aussichtsreich beurteilten neuen Geschäftsfelder zielstrebig entwickelt werden. Unternehmen der Gruppe aus 'alten' Wirtschaftsbereichen werden ohne Zukunftsinvestitionen 'gemolken'   um die Erträge in neue Unternehmen und neue Technologien und Dienstleistungen zu investieren.
Attraktivität für Personal: Befragungen bei Hochschulabsolventen (aus den infrage kommenden Fachbereichen) zeigen einen mehrheitlichen Wunsch zur Mitarbeit in international tätigen Großunternehmen. Diese können von den Absolventen die Besten auswählen und andere Unternehmen müssen sich mit dem Rest begnügen.
Derartige Vorteile sollten auch erreicht kön-nen, wenn mehrere KMU sich zu größeren Einheiten zusammenschließen. Der Aufbau einer gemeinsamen Marke, bei der die Kunden aufgrund guter Erfahrungen wiederholt kaufen, bzw. bei der Erstkunden ihre Kaufentscheidung aufgrund eines guten Rufes der Marke kaufen, erfordert eine hohe Disziplin aller Beteiligten bei der Erfüllung des Qualitätsversprechens der Marke. Bereits wenige 'schwarze Schafe' im Firmen-verbund können den Ruf der Marke nachhaltig ruinieren. Somit ist eine starkes zentrales Qualitätsmanagement notwendig, um den gemeinsamen Qualitätsstandard aller teilnehmenden Unternehmen entwickeln und aufrechterhalten zu können.
Gemeinsame Strategien zur Erschließung neuer Geschäftsfelder sind bei kooperierenden KMU ebenfalls gut möglich. Einzelne Mittelständler können auch aus ihrem bestehenden Geschäft heraus neue Unternehmungen beginnen und hierfür Partner aus dem Unternehmens - Netzwerk anwerben.
Die Attraktivität für die Mitarbeiter steigt, wenn die Unternehmen des Netzwerkes ein gemeinsames Konzept zur Personalförderung haben. Personalrotation und Weiterbildungsveranstaltungen sollten ebenso ermöglicht werden, wie zentrale Personalpools in Leiharbeits- und Beschäftigungsfirmen, bzw. längerfristige Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern und Beratern.
 

    Gründer - Qualitätsverbund

Ein Zusammenschluß von Firmen kann auch mit Gründungsunternehmen realisiert werden.
In Abschnitt 4 wurde zur Organisationsstruktur der Abbildung 2 angemerkt, dass diese nur mit Mitarbeitern erreicht werden kann, die einen hohen Grad an Selbstverantwortung und Selbstorganisation entwickelt haben. Dies sind aber die seit langem selbstverständlichen Eigenschaften, mit denen Selbständige ausgestattet sein müssen. Demnach sollten diese gegenüber Mitarbeitern aus hierarchischen Unternehmensstrukturen deutliche Vorteile haben, wenn es gilt, die moderne Unternehmensstruktur von Abbildung 3 aufzubauen.

Abbildung 4: Organisationstruktur des Verbunds von Kleinunternehmen

Der Verbund von Kleinunternehmen kann in seiner Struktur der eines modernen Groß-unternehmens, daß sich in kleinere Unternehmenseinheiten aufgeteilt hat, sehr ähnlich sein. Abbildung 4 zeigt, wie die Kleinunternehmen sich im Verbund auf ihre Kunden konzentrieren können, unterstützt von Spezialisten und Beratern, deren Kunden sie sind, und von einer zentralen Koordinationsstelle.
Ein derartiger Verbund von Gründern erscheint geeignet, um dem in Tabelle 1 dargestellte Problem von Gründern wirksam entgegenwirken zu können. Den Gründern fehlen die Referenzen vorhandener Kunden und somit ist es für potentielle Neukunden ein erhöhtes Risiko, bei den Gründern zu kaufen. Wenn es den Gründern gelingt, ein glaubhaftes Qualitätsversprechen abzugeben und den Kunden hierfür auch bestimmte Garantien geben zu können, dann ist die Hürde für den Erstkauf wesentlich niedriger gelegt. Die Gründer sollten dann zu Beginn ihrer Unternehmung auch solche Kun-den gewinnen können, die ansonsten wegen der Qualitätsrisiken vom Erstkauf, bzw. Erstauftrag absehen würden.
Zur Realisierung der Gründer-Qualitäts-verbunds dienen folgende Leitideen:
Der Gründer ist ‘Eigentümer seines Geschäftsprozesses’, aber er ist nicht völlig auf sich allein gestellt. Er kauft über die Zentrale des Qualitätsverbundes Leistungen ein, zu Anmeldungen, Einkauf, Steuer, Buch-führung, Personalsuche u. -verwal-tung, Qualitätsmanagement, Marketing, Werbung usw.. Der Gründer verzichtet dafür, ähnlich wie beim Franchising, auf einen Teil seiner Selbständigkeit und läßt sich in eine größere Organisation einbinden.
Der Qualitätsverbund entwickelt ein Qualitäts-Regelwerk mit enger Anbindung an die Vorschriften der ISO 9000 ff. Mit einer gemeinsamen Corporate Identity, d. h. einem wiedererkennbaren äusseren Erscheinungsbild wirbt der Qualitätsverbund und seine Mitglieder in Medien und bei Angeboten.
Die Zentrale hat ähnliche Aufgaben, wie die Leitung und die Stabsabteilungen eines größeren Unternehmens. Sie wird allerdings auch teilweise am Erfolg ihrer Gründer gemessen, d.h. die Zahlungen der Gründer hängen stark von deren Erträgen oder Umsätzen ab (Genaueres ist im Einzelfall auszuhandeln).
Einige Elemente des Systems:

Ziel ist die Entwicklung einer Qualitätsmarke.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Unternehmensverbundes besteht in der Möglichkeit, dass die einzelnen Unternehmen auch spezielle Aufgaben in der Wertschöpfungskette übernehmen. Im Rahmen einer längerfristigen Zusammenarbeit können verschiedene –Unternehmen separate Aufgaben übernehmen aus : Marketing, Angebotswesen, Einkauf, Einzelteilfertigung, Endmontage, Distribution. Auch die Entwicklung und Konstruktion kann von spezialisierten Unternehmen durchgeführt werden.
 

    Finanz- und Besitzverhältnisse

Rein organisatorisch ist die Struktur der in Abbildung 4 dargestellten verbundenen Klein- und Gründerunternehmen identisch mit den am Ende von Abschnitt 4 beschriebenen 'fraktalen Unternehmen', die sich auch durch Konzepte wie 'Fabrik in der Fabrik' oder 'Unternehmen im Unternehmen' auszeichnen. Ein wesentlicher Unterschied liegt aber zunächst darin, dass die Unternehmensgruppe eines fraktalen Unternehmens einer einzigen Besitz-Holding gehört. Diese kann die erforderlichen strategischen Weichenstellungen entscheiden und Wettbewerb innerhalb der Gruppe unterbinden, wenn dieser unerwünscht ist. Die Interessen der Einzelunternehmen werden eindeutig dem Interesse der Holding untergeordnet.
Um eine strategische Lenkung der Geschäftstätigkeiten und den Interessensausgleich in einem Fimenverbund zu ermöglichen, ist auch für Jungunternehmen, die eng mit anderen Unternehmen kooperieren möchten, schon nach relativ kurzer Zeit eine finanzielle Vernetzung zu erwägen. Für vielversprechende innovative Unternehmenskonzepte ist der Bedarf nach Fremdkapital ohnehin schon wesentlicher Bestandteil der Planungsphase. Der betroffene Gründer muß sowohl in Planungs- und Gründungsphase regelmäßig seinen Finanziers berichten und ist somit in einer sehr ähnlichen Lage, wie der geschäftsführende Manager einer GmbH eines fraktalen Unternehmens.
Der Gründer begibt sich somit relativ früh in ein Netzwerk gegenseitiger Abhängigkeiten. Das weitaus höhere finanzielle Risikos des Gründers im Vergleich zum GmbH-Manager sollte durch die höheren Gewinnchancen am Wachstum des Unternehmens ausgeglichen werden können. – Der Gründer sollte nur dann in der Startphase unterbezahlt bleiben, wenn ihm ein ausreichend hoher Prozentsatz des Unternehmens gehört.
 

    Qualitätsmanagement

Der Aufbau einen Qualitätsmanagements im jungen Gründungsunternehmen erscheint zunächst wie eine zusätzliche bürokratische Belastung. Dies wäre aber auch der Fall in einem älteren Unternehmen, wenn es nicht gelingt, die Erarbeitung und Sicherung des Qualitätsniveaus zu einer ständigen Aufgabe von Mitarbeitern und Management zu machen.
Die für das Qualitätsmanagement erforderliche Beschreibung von Prozessen führt zur intensiven Reflexion und Diskussion der Abläufe im Unternehmen. Der Hauptertrag der Gruppenarbeit für das Qualitätsmanagement ist somit nicht die Beschreibung, sondern die ständige Verbesserung der Unternehmensprozesse.
Wenn sich die Arbeiten der Qualitätssicherungs-Teams allein auf die Beschreibung vorhandener Prozesse beschränken würden, dann wäre dies allerdings ein rein bürokratischer Akt, ohne Mehrwert für das Unternehmen. Wenn diese Teams aber bei der Diskussion vorhandener Prozesse Verbesserungsvorschläge entwickeln, diese in die Unternehmenspraxis einbringen und die Ergebnisse kritisch reflektieren und weiter entwickeln, dann können die Arbeiten der Teams schnell zu einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen werden. Es kommt darauf an, dass die Prozesse im Unternehmen lebendig bleiben, d. h. sich verändern und anpassen. Getrieben wird die Entwicklung durch Analyse und logische Schlüsse, aber auch durch Versuch und Irrtum.
 Die kritische Reflexion und ständige Verbesserung der Unternehmensprozesse ist besonders für Gründungs-unternehmen eine Notwendigkeit. Gerade zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeiten ist der relative   Grad der Änderungen im Unternehmen besonders groß. Die starken Schwankungen im Jungunternehmen führen zu Turbulenzen, die von Außenstehenden (und möglicherweise vom Gründer selbst) oftmals als Konfusion wahrgenommen werden. Tatsächlich sind mir heute viele Gründer bekannt, die Jahre später nach Ihrer Gründung etwas ganz anderes machen, als Sie ursprünglich beabsichtigt hatten. Dies steht im bemerkenswerten Gegensatz zum Ideal des Gründers, der eine Unternehmensidee hatte und sie gradlinig verfolgte und damit reich wurde. Tatsächlich beschreiben derartige Erfolgsstories nur einen winzigen Prozentsatz der Masse der Gründer. Einen Qualitätsverbund, wie er in diesem Artikel beschrieben wird, brauchten ein Bill Gates oder ein Max Grundig nicht. Er erscheint hingegen geeignet, um die Überlebenswahrschein-lichkeit der Mehrzahl der Gründer zu erhöhen, denen in den ersten Jahren Ihrer Gründungsphase mangels Kunden das Geld ausgeht. Hierbei wird auch versucht, ein Modell für die große Zahl der Gründer zu entwickeln, die gar nichts dagegen haben, in einen Netzwerk von Gleichrangigen Ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist dies ein nicht geringer Anteil.
Ein Qualitätsmanagement kann auch für Gründer in turbulenten Zeiten sehr positive Auswirkungen haben. Die Reflexion der aktuellen Vorgänge und Probleme in einer Arbeitsgruppe kann dabei helfen, dass der Gründer nicht von den Vorgängen überrollt wird und willenlos in eine zufällige Richtung weggeschwemmt wird. Gerade in turbulenten Zeiten ist es wichtig, öfters Inne zu halten und notwendige Kurskorrekturen frühzeitig auszuführen.
Aufgrund der starken Änderungen in der Gründungsphase kann sich in dieser Zeit das Qualitätsmanagement (QM) nicht mit Details befassen, sondern es muß allgemeinen Richtlinien und Grundsätzen folgen. In der Startphase ist das QM aber nicht lästig und überflüssig, sondern es ist besonders geeignet, um in einer Arbeitsgruppe auch die Erreichung der im Businessplan beschriebenen Unternehmensentwicklung zu überwachen und (höchstwahrscheinlich) notwendige Plan-änderungen und Anpassungen einzusetzen. Ein Gründer - QM kann die Lücke füllen, die heute oftmals besteht, zwischen den detaillierten Gründungsplanungen (die dann im Chaos der Startphase kaum genutzt werden) und, Jahre später, den für die dann möglicherweise angestrebte ISO 9001 Zertifizierung erforderlichen Prozeßbeschreibungen. Es kann die mit viel Aufwand erzeugten Planungsunterlagen nutzen und weiterentwickeln und hiermit ein wirksames Gründer-Controlling zu erreichen. Der Begriff Controlling wird hier im Sinne der direkten Übersetzung 'Steuerung' eingesetzt. Hierzu gehört, daß in der Startphase Zeit sein muß, um ständig Fragen zu beantworten, wie: Zum Gründer-QM gehören sicherlich Checklisten mit derartigen Fragen. Der Gründer ist allein und in der Arbeitsgruppe gefordert, um sein spezielles Geschäft ständig zu verbessern und weiter zu entwickeln.
Zu den Methoden der Qualitätsnorm ISO 9000 ff gehören Ablaufsschaubilder, in denen die Unternehmen die Prozesse und die Rollen der Mitarbeiter beschreiben. Im Qualitätssicherungshandbuch und in den zugehörigen Verfahrens- und Arbeitsanweisungen werden alle Details aufgeführt. Im Gründungsunternehmen kann früh mit dem Aufbau des Qualitätssicherungshandbuches begonnen werden. Zunächst reichen kurze Beiträge.
Die in der Norm aufgeführte Glie-derung der Abschnitte kann schon früh übernommen werden, um bei jeder Überschrift die Frage zu stellen: Welche Bedeutung hat dieser Punkt für unser Kleinstunternehmen? Wie beantworten wir ihn?
 

    Informationsmanagement

Die vorgestellten modernen Unternehmensstrukturen wurden erst in den vergangenen 10 Jahren entwickelt, da Unternehmensfraktale früher nicht wirtschaftlich realisiert werden konnten. So war es in der Vergangenheit zum Beispiel kostengünstiger, wenn eine zentrale Lohnbuchhaltung eine große Zahl von Mitarbeitern abrechnen konnte. Erst der Zugang zu preiswerter Computerhard- und Software erlaubt heute, dass auch kleinste Unternehmen ihre Buchführung, ihr Angebotswesen, das Abrechnungs- und Mahnwesen, Schreib- und Korrespondenzdienste usw. kostengünstig abwickeln können. Der frühere Vorteil größerer Strukturen hat sich deutlich reduziert. Die Nachteile an Bürokratie und Unbeweglichkeit großer Organisationen müssen heute nicht mehr hin-genommen werden, um Unternehmen am wirtschaftlichen Optimum zu betreiben. Dieser Trend wird sich vermutlich in naher Zukunft noch weiter fortsetzen.
Die Informationsmonopole, die früher in den höheren Managerebenen lagen, sind nahezu verschwunden. Bereits heute können Mitarbeiter mit wenig Aufwand aktuelle Informationen aus dem Internet, aus Datenbanken und mittels spezialisierter Software gewinnen. Auch die Möglichkeiten des Internets für Angebot und Suche nach speziellen Leistungen wird dazu führen, dass selbständige Einzelunternehmer bzw. Freiberufler leichter ihren Markt finden und dann zunehmende Prozentsätze der arbeitenden Bevölkerung ausmachen werden. Hierzu gehört auch der wachsende Anteil von angestellten und freien Heimarbeitern, die im heimischen Arbeitszimmer ihre Jobs per Datenkommunikation senden und empfangen.
Die neuen Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik bewirken schon heute eine rasante Entwicklung. Sie werden auch das hier besprochene Konzept einer Gründer-Qualitätsmarke schnell und nachhaltig beeinflussen.
Aus einer Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten sei nur ein Beispiel genannt: Mittels Datenvernetzung kann eine größere Gruppe von Kleinfirmen eine virtuelle Geräte- und Lagerverwaltung aufbauen. Viele Gerätekäufe wären überflüssig, wenn im Netzwerk festgestellt werden kann, wer zum Beispiel in der Nachbarschaft seinen Farbkopierer mit preisgünstige Kopien. Andererseits kann die Anschaffung eines derartigen Kopierers gerade dann wirtschaftlich werden, wenn zusätzliche Auslastung durch Nachbarunternehmer erreicht wird.
Dieses Beispiel steht für einen generellen, scheinbar paradoxen Trend, der mit zunehmender Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik zu erwarten ist: Die mühelose Überwindung der räumlichen Distanz in einer virtuellen Internet-Welt wird dazu führen, daß die Überwindung der Entfernungen in der realen Welt ein immer ernster wirkender Kostennachteil im Wettbewerb sein wird. - Die im vorigen Absatz genannte Geräte- und Lagerverwaltung kann der Einfachheit halber auch damit erreicht werden, daß Firmen sich angewöhnen, zusätzliche Seiten mit 'zu vermieten'- oder 'zu verkaufen'-Artikellisten an ihre Internet-Site anzuschließen. Die Angebote können dann mit Suchmachinen, wie sie heute bereits genutzt werden, leicht gefunden werden. Derartige Maschinen sind dann mit digitalisierten Stadt- und Landkarten zu verbinden, damit die Suchenden Entfernungsradien eingeben können. Die Folge wird sein, daß die Kunden sich bei gleichwertigen Angeboten für das mit der kürzes-ten Entfernung entscheiden werden.
Natürlich werden sich bei derartigen Entwicklungen neuartige Probleme und Chancen einstellen, die heute nur schwer vorherzusehen sind. Möglicherweise entsteht neben dem Markt im Internet auch ein paralleler Schwarzmarkt, in dem die Mitarbeiter Firmeninventar verkaufen oder während der Arbeitszeit für Dritte arbeiten oder gar Firmengeheimnisse preisgeben. Bei vernetzten Unternehmen ist sicherlich der Interessensausgleich zwischen den Beteiligten neu zu überdenken, wenn der konstruktive Anteil den negativen Anteil überwiegen soll. Loya-lität ist bei einer Hire & Fire Mentalität im Unternehmen jedenfalls kaum von den Mitarbeitern zu erwarten.
Zu den Chancen gehört, daß neuartige Dienst-leis-ter entstehen. In dem obengenannten Beispiel sind selbständige Kuriere denkbar, die den Transport der zu vermietenden oder zu verkaufenden Geräte übernehmen. Diese wären sehr nützlich, wenn sie auch einen Vertrags- und Versicherungsservice anbieten, um das Geschäft problemlos und schnell abzuwickeln.
 

    Fazit und Ausblick

Die Übertragung moderner Erfolgsmodelle  der Unternehmensorganisation in ein neuartiges Konzept zur Verbindung von KMU und Gründerunternehmen enthält neue Chancen für den Geschäftserfolg.
Für Gründer, die sich hauptsächlich deshalb gründen, um endlich unabhängig und 'Chef' zu sein, mag der vorgeschlagene Weg weniger attraktiv sein, da er wieder in ein Netz von Abhängigkeiten führt. Gründer mit einem millionenschweren Patent mögen ebenfalls besser ihren Weg allein gehen (obwohl schon Viele, trotz Besitz einer wertvollen Innovation, auf der Strecke geblieben sind).
Der Vorschlag, im Unternehmensverbund 'gemeinsam stark zu sein', ist hingegen speziell für Personen interessant, die aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen wurden oder sich einfach nur ein neues Tätigkeitsfeld erschließen und eigene Ideen realisieren möchten. Auch dieser Weg kann gemeinsam mit Anderen gegangen werden.
In einem Verbund von Kleinfirmen, wie er mit dem Bild der 'umgekehrten Pyramide' dargestellt wurde, können die Teilnehmer einen Markennamen entwickeln und mit größeren Unternehmen in Wettbewerb treten.
Der Austausch von Erfahrungen und das Anlegen von Datenpools zu Lieferanten, Dienstleistern, Beratern und auch Kunden kann zu Konzepten führen, wie sie heute für größere Unternehmen mit dem Stichwort 'lernende Organisation' beschrieben werden.